Die Nynthe

 

 

Ein Märchen aus Astralorn

 

 

 

 

Die Goldvögel lebten im Schlossgarten auf den Hügeln voll Blüten und Fichten. Ihr Gefieder strahlte wie Sonnenschein und sie flatterten erhaben über den Baumkronen und Palästen. Das Königspaar der Goldvögel war das schönste, was die Natur jemals hervorgebracht hatte. Sonne, Mond und Sterne verneigten sich vor seiner Pracht ebenso wie vor ihren Prinzen und Prinzessinnen. Alle hundert Jahre warf die Goldkönigin sieben Eier, auf dass ihr unsterbliches Volk ewig weiter wachse. Und alle hundert Jahre wanderten die herange­wachsenen Nachkommen in die umliegenden Königreiche aus, um dort die Throne in den Baumwipfeln der Schlossgärten zu besteigen und die Anmut der Goldvögel weiter auszubreiten. Auf dass sie in al­ler Herren Länder ewig fortbestehen und den Menschen unendliche Schönheit bringen mochten.

 

Weitab im Sumpf hauste ein anderes Geschlecht, welches nur Dun­kelheit und Hässlichkeit kannte. Dies waren die widerlichen Nyn­then. Der Herrscher der abscheulichen Krötentiere war ein uralter bö­ser Zauberer. In ewiger Finsternis hielt er seine Untertanen, auf dass sie alle anderen Wesen quälten und auffraßen, derer sie im Lande habhaft werden konnten. Doch konnten die Nynthen den Schlossgar­ten nicht betreten, weil er mit einem Zauber der alten Götter belegt war. Und so waren die Goldvögel die einzigen Lebewesen, die nicht den monströsen Klauen, scharfen Fangzähnen und ekelhaften Schlangenmäulern der Nynthen zum Opfer fielen.

 

Nun kam der Tag, an dem ein Prinz und eine Prinzessin der Goldvö­gel in ein neues Königreich aufbrachen, um dort ihre Herrschaft an­zutreten. Sie verließen ihre heimatlichen Hügel und schwebten hoch über dem Land, die goldenen Schwingen funkelten im hellsten Licht der Sonne. Auch flogen sie, weithin sichtbar in der glitzernden Pracht, über die schwarzen Sumpfgebiete der Nynthen dahin.

 

Hasserfüllt blickte da der König der Nynthen zum Himmel auf und verfluchte die Unerreichbaren. Seit Jahrtausenden sann er auf die Vernichtung des goldenen gefiederten Volkes. So sehr war er von der tiefsten Bosheit erfüllt, dass er selbst sein ganzes eigenes Volk für einen Todesschlag gegen die Goldvögel seinem Untergang anheim gegeben hätte. Der dunkle Herrscher wollte in den Machtbereich der unendlichen Schönheit eindringen und sie für immer vernichten. Und so schloss der Krötenzauberer einen Pakt mit einem finsteren Dä­mon.

 

Als der König der Goldvögel in dieser Nacht seine Königin beglück­te, spürte diese ungeahnte Kräfte und wurde immer tiefer in einen Strudel der unbändigen Lust und der zauberischen Besinnungslosig­keit entrückt. Tausendfach waren die Höhepunkte der Lust und bald wurde sie von Trugbildern heimgesucht und es erschien ihr irgend­wann, als ob nicht mehr ihr prachtvoller Gemahl, sondern ein frem­des schwarzes Unwesen sie begatte. Ein glatter und schleimiger Leib stieß immer wieder nass und kalt in sie hinein. Doch genoss die Kö­nigin diese wilde Lust wie nichts zuvor. Und beim ersten Sonnen­strahl des Morgens erwachte sie ohne besondere Erinnerung neben dem goldenen Gefieder des Königs.

 

Bald legte die Königin der Goldvögel sieben prächtige Eier. Eines war größer und schöner als das andere und nach und nach schlüpften niedliche kleine Goldvögel heraus und zwitscherten sogleich die herrlichsten Lieder. Nur das größte und schönste Ei blieb noch liegen und seine goldene Schale funkelte und glitzerte so prächtig in der Sonne, dass ein jeder wusste, daraus würde bald der schönste und mächtigste zukünftige König der Goldvögel hervorgehen. Alle harr­ten freudig der Geburt des edlen Erben.

 

Eines Nachts im bleichen Licht des Vollmondes zeigten sich die ers­ten Risse in der Schale des siebten Eis, während das Königspaar und seine wunderschönen sechs Erben darum herum in tiefstem Traum lagen. Dann erschienen scharfe Krallen und spitze Fangzähne in der Öffnung und ein Wesen von unsagbarer Hässlichkeit und finsterer Bosheit zerschlug die Reste der Schale. Aus dem goldenen Ei kroch die Nynthe...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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